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Dienstag, 06.11.2007 15:52 - Alter: 16 Jahre

Der gute Mensch von Sezuan: Premiere im Studiotheater an der Expo Plaza

Böswillig könnte man behaupten, die Idee des Stückes entspringe ursprünglich der Rachsucht eines gekränkten Künstlers: Als Brecht 1926 mit seinen Dichterkollegen Alfred Döblin und Arnolt Bronnen zu einer Dichterlesung nach Dresden geladen wird und dabei am Vorabend nur schlechte Opernkarten erhält, verfasst er beleidigt - scherzhaft ein Gedicht, in dem die drei Dichter als Götter auftreten und aufgrund ausbleibender Huldigungen drohen, die Stadt zu überfluten. Diese erste, spontane Idee kombinierte Brecht im skandinavischen und amerikanischen Exil mit bereits aus den 30er Jahren stammenden Plänen für ein Stück über das ernste Thema Prostitution. Nach intensiver Beschäftigung und Verarbeitung von Motiven und Techniken des chinesischen Theaters sowie chinesischer Philosophie generell entstand daraus schließlich das Stück Der gute Mensch von Sezuan, das 1943 am Schauspielhaus Zürich uraufgeführt wurde und 1953 zum ersten Mal gedruckt veröffentlicht wurde.

Das Leitmotiv „gut zu sein und doch zu leben“ durchzieht wie kein zweites die Handlung des Stückes. Drei Götter besuchen die fiktive irdische Hauptstadt Sezuan, um in einer durch und durch von Egoismus geprägten Gesellschaft gute Menschen zu finden. Ihr Ziel ist es zu beweisen, dass man gut sein und trotzdem leben kann. Bei der Prostituierten Shen Te werden die drei Götter endlich fündig. Shen Te nimmt persönliche Nachteile in Kauf, um anderen zu helfen; sie ist ein guter Mensch. Doch Shen Te wird zukünftig zerrissen von dem Anspruch der Götter, gut zu sein und zugleich leben zu können. So schlüpft sie in die Rolle ihres imaginären Vetters Shui Ta, der rücksichtslos und egoistisch ihre Existenz rettet, während sie als Shen Te weiterhin versucht zu helfen. Es wird deutlich, dass der Anspruch der Götter in dieser Welt nicht erfüllbar ist, ohne dass sich der Mensch in Gut und Schlecht aufspaltet. Shen Te konfrontiert die drei Götter mit der Ausweglosigkeit ihrer Situation: „Euer einstiger Befehl/ Gut zu sein und doch zu leben/ Zerriss mich wie ein Blitz in zwei Hälften. Ich/ weiß nicht, wie es kam: gut sein zu anderen/ Und zu mir konnte ich nicht zugleich./ …Denn wer könnte/ Lang sich weigern, böse zu sein, wenn da stirbt, wer kein Fleisch isst?“ Doch die Götter ignorieren diese Erkenntnis und ziehen es vor, auf einer rosa Wolke zu entschweben

Zur Inszenierung:
Der Vorhang auf........oben auf den Podesten nistet ein Chor und speit nach kurzer Zeit die drei Götter aus. Die drei Götter kennen wir, der Chor aber ist ein neues Element in Brechts Parabel " Der gute Mensch von Sezuan". Er wird noch des Öfteren auf der Bühne erscheinen. Die verschiedenen Rollen entstehen aus dem Chor und werden wieder in den Chor zurückgeführt. So entsteht neben dem Erzählniveau ein neues Darstellungsniveau, das sich an den Schauspielern selbst orientiert.
Ein weiteres dramaturgisches Element ist der dauernde Verbleib der Figuren auf der Bühne, das öffentliche Schlüpfen in andere Rollen, das Betrachten des Geschehens als externer Beobachter oder das emotionale Eingreifen bzw. Kommentieren des Geschehens. Das gibt den Darstellern die Möglichkeit zur Improvisation, und auch die Möglichkeit des Erlebens von Verfremdung. Außerdem kann der Zuschauer begreifen, welche Bedeutung Randgeschehen für die Wirkungsabsicht brechtscher Dramaturgie haben kann.
Eine weitere Überraschung: Shen Te/Shui Ta wird von vier verschiedenen Darstellerinnen gespielt. Diese Variante bietet innerhalb des Ausbildungsprojektes natürlich mehr Möglichkeiten, sich noch intensiver mit der Rollenstruktur Shen Te/Shui Ta auseinanderzusetzen. Durch diese Figur geht nicht nur ein vertikaler, sondern auch ein horizontaler Schnitt, hinsichtlich vier verschiedener typischer Verhaltensmuster, die es auch für den Zuschauer leichter machen, Verhaltensweisen und Haltungen den unterschiedlichen Typen zuzuordnen.

Es spielen:
Der dritte Jahrgang Fachrichtung Schauspiel der HMTH:
Johanna Diekmeyer, Josephine Fabian, Martin Hemmer, Felix Jeiter, Marion Maucher, Katharina Nesytowa, Gerrit Neuhaus, Jessica Rust und Julian Simon.
Musikalische Einrichtung und Komposition: Frieder Schmidt (HMTH)
Kostüm: Anika Klippstein, Antonia Drebusch (FH)
Bühne: Daniela Hermann, Maren Biermann (FH)
Dramaturgie: Tobias Pflug, (HMTH)
Musikalische Einstudierung: Burkard Niggemeyer
Künstlerischen Leitung: Prof. Jürgen Kramer (HMTH)
Der dritte Jahrgang Fachrichtung Schauspiel der Hochschule für Musik und Theater Hannover kooperiert bei diesem Projekt mit dem Studiengang Szenografie-Kostüm der FH Hannover.
Weitere Termine:
8.11.07, 9.11.07, 10.11.07, 14.11.07, 15.11.07, 16.11.07, 17.11.07, 21.11.07, 22.11.07, 23.11.07, 24.11.07
Ort:
Studiotheater, Expo Plaza 12
Kartenvorverkauf
Mo – Di 14:00 – 15:30 Uhr/ Do – Fr 10:00 – 12:00 Uhr im Foyer der HMTH, Neues Haus 1, 30175 Hannover
Kartenvorbestellungen unter Tel. 0511/3100 – 333 oder kartenvorverkauf@hmtm-hannover.de

Gastspiel in Berlin:
Am 6. Dezember im bat Studiotheater der HfS Ernst Busch
10405 Berlin, Belforter Str.15
Weitere Informationen zum Veranstaltungskalender unter www.hmt-hannover.de